Briannah öffnete die eine Hälfte der schwere Doppeltür aus Eiche, lief durch den Kreuzgang und betrat das Hauptschiff. Leise lief sie zum Altar und kniete dort nieder und entzündete eine Kerze und betete halblaut.
„Ich glaube an Gott, den allmächtigen Allerhöchsten, Schöpfer des Himmels und der Erde, der Höllen und des Paradieses, Richter über unsere Seele zur Stunde des Todes.
Und an Aristoteles, seinen Propheten, Sohn des Nikomachos und der Phaetis, entsandt, den irregeleiteten Menschen die Weisheit und die göttlichen Gesetze des Universums zu lehren.
Ich glaube auch an Christos, geboren von Maria und Giosep. Er widmete uns sein Leben, zeigte den Weg ins Paradies. So kam es, dass er, nachdem er unter Ponce gelitten hatte, im Martyrium gestorben ist, um uns zu retten. Er ist zur Sonne zurückgekehrt, wo Aristoteles zur Rechten des Allmächtigen ihn erwartete.
Ich glaube an das Wirken Gottes; an die Eine und Unteilbare Heilige Römische Aristotelische Kirche; an die Gemeinschaft der Heiligen; an die Vergebung der Sünden; an das ewige Leben.
AMEN“
Still erhob sich das junge Mädchen und setzte sich auf die Bank in der ersten Reihe und holte ihre Unterlagen und die Schreibutensilien aus ihrer Tasche. Bri sah auf das Fensterbild hinter dem Altar auf dem eine Eule abgebildet war und dachte nach.
„Im Krieg mit den Tugenden hmm. Wenn ich in einen rechtschaffenden Kreuzzug ziehe, darf ich meine Ziele nicht aus den Augen verlieren, nämlich das Recht zu bewahren und Leben zu schützen. Ich muss mich mit Mut dem Bösen entgegenstellen und darf nicht blindlings in einen Kampf ziehen, weil ich sonst durch falschen Stolz und dem Durst nach Blut und aus Lust am Töten nicht nur meine Ehre verlieren, sondern selber böse werden kann. Ich muß immer wieder versuchen alle Tugenden in mir zu vereinen und nach ihnen zu leben, dann kann ich dem Bösen trotzen und es besiegen. Die Kraft dazu kann ich aus der Einheit von Friede, Freiheit, Liebe, Mut und Freundschaft schöpfen und mein Herz und meine Seele und vor allen Dingen das Licht Gottes werden mir den Weg weisen, und sei er noch so steinig und verschlungen.“ sprach sie leise aber durchaus für eventuelle Anwesende verständlich während sie ihre Worte niederschrieb. Danach nahm sie sich die ersten beiden Tugenden vor.
„Rechtschaffenheit Meine Mutter hat mir mal gesagt das die Augen die Spiegel der Seele wäre denen nichts verborgen verbleibt, weil man in sich selber hinein horchen und schauen kann. Man erkennt dadurch was man in sich trägt und durch das eigene Erkennen leuchtet alles nach aussen und solange man sich im Spiegel noch selber offen in die Augen schauen kann, ohne sich zu schämen, auch ehrlich gegen sich und anderen ist, das ist Rechtschaffenheit.
Mitgefühl Das ist wenn man jeden Tag versucht, sei es aus Rücksicht oder durch ein gutes Wort den Schmerz eines anderen zu lindern. Not erspüren, Bedürfnisse erkennen, Schmerz wahrnehmen, Trost spenden, Freude teilen – das sind Elemente des Mitgefühls. Beide Seiten des Mitgefühls, nämlich Mitleid und Mitfreude, wurden uns in die Wiege gelegt und je nach Umgebung treten sie stärker oder schwächer zutage. Ohne Mitgefühl würde das Zusammenleben nicht funktionieren. Ein Mann beginnt zu weinen, weil das kleine Kind des Freundes gestorben ist. Dorfbewohner fühlen sich beschämt weil ein Lehnsherr seinen Vasall zur Schnecke macht und Großeltern jubeln mit den Eltern ihres Enkelkindes wenn es seine ersten Schritte macht oder sein erstes Wort spricht. Sie alle zeigen Mitgefühl.“ auch das schrieb sie alles nieder während sie es vor sich hin murmelte.
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